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36. Jahrgang InternetAusgabe 2002
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Das Neuste von China / Teil II

Zur Erhellung der Geschichte unserer Zeit

 

  16. Es sind mir Abschriften von Briefen zugekommen, die Gerbillon vom Ort der Verhandlungen an de la Chaize und Verjus schrieb und den Russen zur Besorgung anvertraute, aus denen ich Beachtenswertes gelernt und im Anhang angeführt habe. Auch ein kurzer Bericht einer ganz kürzlich - bereits nach dem Friedensschluß - zu den Chinesen gereisten russischen Gesandtschaft oder vielmehr ihres Reiseweges wird hier beigegeben. Wir erwarten einen ausführlichen und des Stoffes würdigen Bericht von Herrn Brand aus Lübeck, der selbst Gesandter war. Wir werden auch einen Auszug aus dem Astronomiebuch, das zugleich in chinesischen wie lateinischen Schriftzeichen von Verbiest herausgebracht und von mir eingesehen wurde, hinzufügen sowie von Pater Grimaldi, dem stellvertretenden Vorsitzenden der mathematischen Kommission, den kurzen Brief, der auf seinem Reiseweg in Goa am 6. Dezember 1693 aufgegeben wurde, als er zu seinen Chinesen zurückkehrte - ich veröffentliche ihn gerade deshalb, weil er mir Hoffnung auf vorzügliche Informationen für Europa machte -, und schließlich auch den Brief des belgischen Paters Thomas, stellvertretender Vorsitzender in der mathematischen Kommission, durch den wir manches über den beachtlichen Fortschritt des Christentums erfahren und, wie ich hoffe, die europäischen Höfe und Kirchen dazu angespornt werden können, Arbeiter in eine wohlvorbereitete Ernte zu schicken.

  17. Aus diesen Nachrichten läßt sich offenbar auch entnehmen, daß Grimaldi, von dem wir erfahren haben, daß er gleich nach seiner Ankunft in Peking an einer gefährlichen Krankheit darniederlag, zum großen Nutzen der Allgemeinheit wieder genesen ist. Als er von Rom aufbrach und den größten Teil seiner Missionare in portugiesischen Schiffen vorausschickte, hatte er beschlossen, über Land durch russisches Gebiet zu reisen, nachdem er mit Brief und Siegel der kaiserlich-chinesischen Behörde, die die höchste Aufsicht über das Militärwesen führt, ausgerüstet war[51] und auf seiner Reise auch unserem großen römischen Kaiser und dem König von Polen[52] einen Besuch abgestattet hatte. Aber weder durch die enorme Bedeutung seines Auftrags noch durch die Empfehlung solch bedeutender Fürsten konnte er es erreichen, von den Russen zugelassen zu werden; dieses Schicksal mußte kurz vorher auch Pater Avril[53] erfahren, von dem ein Reisebericht vorhanden ist.

  18. Ich hatte Grimaldi Aussichten gemacht auf den "Chinesischen Schlüssel" des in Kenntnissen über den Osten sehr bewanderten Andreas Müller[54] aus Pommern, und er hatte vor seiner Reise durch Schlesien vergebens versucht, den Mann zu treffen; obwohl er nämlich am Erfolg zweifelte, glaubte er dennoch, in einer so wichtigen Angelegenheit nichts unversucht lassen zu dürfen. Aber launischer Charakter und Gelehrsamkeit stritten miteinander in Müller, und daher waren sowohl ich wie auch Grimaldi, Ludolph[55] und der verstorbene Große Kurfürst[56] selbst, von dem er die Berliner Probststelle bekommen hatte, erfolglos. Möglicherweise hielt er seine Entdeckungen für zu wichtig, möglicherweise zögerte er auch, noch nicht genügend ausgereifte Ergebnisse ans Licht der Öffentlichkeit zu bringen, in dem Glauben, man könne sich übertriebene Vorstellungen von noch unbekannten Dingen machen. Und das eigenwillige Wesen des Mannes verstieg sich schließlich bis zu dem Punkt, daß er die Drohungen, die er verbreitet hatte, ausgeführt und seine Unterlagen kurz vor seinem Tod verbrannt haben soll - wobei es unklar bleibt, welche Erkenntnis er uns entziehen wollte, die seines Wissens oder die seines Unwissens. Wie ich für mein Teil nun glaube, daß er schon damals bedeutende Resultate erzielt hat, so bin ich auch der Ansicht, daß er auf noch weitere hoffte - was er hätte wahrmachen können, wenn er hinreichend unterstützt worden wäre; wenn er also Leuten, die etwas davon verstehen, offen den ganzen Sachverhalt dargelegt hätte, hätte er unzweifelhaft durch die Förderung großer Fürsten und vor allem seines eigenen Landesherrn das Fehlende ergänzen können. Was immer indessen es war - es kann jedenfalls nicht vollständig unnütz gewesen sein, wie ich glaube -, es ist durch den Starrsinn eines Mannes, der im übrigen von guter Art war und sich einige Verdienste erworben hatte, der christlichen Sache und den Missionen verlorengegangen.

  19. Um aber zu Grimaldi zurückzukommen: Nachdem er erfahren hatte, daß die Russen sich nicht erweichen ließen, reiste er nach Genua zurück, segelte von dort nach Marseille und von hier nach Smyrna und gelangte über Land zu den Persern, wohin ihm - und auch noch darüber hinaus - ein Brief von mir gefolgt ist, den der durchlauchtigste König von Polen seinem Empfehlungsschreiben für Grimaldi an den persischen König auf die Empfehlung der Patres Vota[57] und Kochanski[58] hin hatte anfügen lassen; jedoch gelangte der Brief erst nach Isfahan, als er selbst schon abgereist war. Es war seine Absicht gewesen, von Persien aus durch das Gebiet der usbekischen Tataren und über Buchara weiter nach China zu reisen, er wurde aber durch den unsicheren Zustand, in dem sich die Routen in jener unzivilisierten Gegend befanden, abgeschreckt und erreichte deshalb auf dem üblicheren Weg über Goa und Indien schließlich den Hafen Macao, und er wurde unter großer Freude des Kaisers und mit höchster Ehre im Chinesischen Reich empfangen.

  20. Jetzt, sagt man, erhält die christliche Sache erheblichen Auftrieb, und es besteht größte Hoffnung auf bedeutendere Fortschritte, besonders wenn es wahr ist, was Pater Adam Adamandus Kochanski, der durch seine ausgezeichnete Bildung und seine großen Kenntnisse vor allem der Mathematik hervorragt - auch durch seine Entdeckungen macht er dem Jesuitenorden Ehre -, an mich schrieb: es sei ihm berichtet worden, daß der Kronprinz des Reiches in europäischen Sprachen unterrichtet werde. Schon wird aus Frankreich neuer Nachschub an Missionaren geschickt. Ich hoffe, daß auch Deutschland sich und Christus nicht enttäuschen wird und - ein Wunsch, den ich in einem nach Wien geschriebenen Brief geäußert habe - daß, nachdem der römische Kaiser neulich mit den Russen einen Vertrag abgeschlossen hat[59], die Zugänge nun offen sind, um Verkünder des Evangeliums nach China zu senden; an die außerordentliche Frömmigkeit und Weisheit des Kaisers appelliert dabei sein Beichtvater Pater Menegatti[60], dessen hervorragende Gelehrsamkeit seiner Stellung entspricht. Wenn also diese Pläne denen am Herzen liegen, die sie angehen, so möchte ich glauben, daß man noch einige Ermahnungen aussprechen kann, damit wir das himmlische Geschenk und die günstigen Verhältnisse nur um so richtiger nutzen.

  21. Schon vor Zeiten begannen die Chinesen, das Wort Christi anzunehmen. Man weiß, daß sie den Römern und Griechen unter dem Namen "Serer" bekannt waren. In den Zeiten des großen Justinian wurden Seidenraupen[61] ins römische Reich gebracht, und damals auch gab der Mönch Kosmas Indopleustes[62] über andere hinausgehend Kunde von entfernten Völkerschaften. Aus seinen Schriften gab Holstenius als Auszug die Inschrift von Adulis[63] aus dem inneren Afrika heraus. Derselbe Kosmas hat - was niemand vor ihm getan hat, soweit bekannt ist - den wahren Namen des serischen Gebietes überliefert. Er nennt es nämlich "Tzin", eine Aussprache, die näher an die Wahrheit herankommt als unsere allgemein gebräuchliche, wenn wir es "Sinae" oder China nennen; ich habe ja bereits gesagt, daß es mit den Portugiesen Tschina zu nennen ist.

 Daß ferner Christen aus Syrien nach China vorgedrungen sind und Christus eine Kirche gegründet haben, zeigt das Monument[64], das bei den Chinesen in unserem Jahrhundert gefunden wurde, Athanasius Kircher[65] veröffentlichte und auch Andreas Müller kommentiert hat. Da es aber bei den Gelehrten noch mit einigem Zweifel behaftet war, hat Melchisedech Thevenot[66], königlicher Bibliothekar in Frankreich, der - mit größten Kenntnissen ausgestattet und im Verfolg bedeutender Pläne - vor allem um die Erforschung der Geographie bemüht war, in Schriften von Mohammedanern einige stützende Belege gefunden, um die Authentizität des Monumentes zu untermauern; ich fürchte aber, daß sie durch den Tod des Mannes verlorengegangen sind. Später habe ich bei meinen Nachforschungen in Erfahrung gebracht, daß der in Kenntnissen über den Osten sehr bewanderte Franzose Herbelot[67] - der selbst auch schon tot ist - einen (arabischen oder persischen) Bericht einer Reise durch das Gebiet der Usbeken zu den Catainern oder Chinesen für den Großherzog von Toskana übersetzt hat, worin sich ein Beweis befinden soll für frühes Christentum in China. Da es für die christliche Sache wichtig ist, daß dieses Dokument veröffentlicht wird, habe ich den ehrenwerten Herrn Antonio Magliabecchi[68], der sowohl in meinen wie auch den Belobigungen anderer oft genannt worden ist, gebeten, dafür zu sorgen, daß man herausfindet, was immer es ist; dabei wird der Großherzog, dessen Weisheit seiner Frömmigkeit gleichkommt, seine Förderung zweifellos nicht versagen.

  22. Bei uns bewahrt nach dem Tode von Andreas Müller Christian Mentzel[69], der Leibarzt des durchlauchtigsten und mächtigsten Kurfürsten, die wissenschaftliche Beschäftigung mit China in Berlin; dabei beseelt seinen hervorragenden Einsatz die bereitwillige Förderung durch den Kurfürsten, der außerordentlich weise ist und in seinem wahrhaft brennenden Bemühen um die Verbreitung wahrer Frömmigkeit und wahren Glaubens hinter niemandem zurücksteht. Als ferner dieser jetzt von mir herausgegebene Bericht des Rektors des Pekinger Collegiums von dem portugiesischen Pater do Amaral[70] aus der Hauptstadt abgeschickt wurde und mir zugekommen ist auf die Empfehlung von Herrn von Cochenheim[71] hin, Rat des erlauchten Bischofs zu Münster, glaubte ich, es sei im Interesse der christlichen Sache, daß frühzeitig eine genaue Darstellung des himmlischen Gnadenaktes vorhanden sei, zu vergleichen mit den Informationen, die Pater Louis Le Comte in seiner französischen Darstellung der chinesischen Verhältnisse berührt hat. Ich war auch nicht der Ansicht, unüberlegt zu handeln, wenn ich noch einiges hinzufügte und in einer Vorrede ausspräche, wodurch die europäische Frömmigkeit immer mehr dazu entflammt werden möge, die ungeheuer große Aufgabe durchzuführen. Sicherlich ist die Bedeutung des chinesischen Reiches schon aus sich heraus eine solch gewaltige und das Ansehen der klügsten Nation im Osten so überragend, wie auch ihr Einfluß, der bei den übrigen beispielhaft gelten wird, daß wahrscheinlich seit den Zeiten der Apostel kaum ein größeres Werk für den christlichen Glauben in Angriff genommen worden ist.

  23. Möge Gott es geschehen lassen, daß unsere Freude begründet und dauerhaft ist und nicht durch unklugen Glaubensfanatismus oder durch interne Streitigkeiten der Männer, die die Pflichten der Apostel auf sich nehmen, noch durch üble Beispiele unserer Landsleute zunichte gemacht wird.



[51] Brief und Siegel der kaiserlichen Behörde. Nach Lach, a.a.O., S. 81, Anmerkung 44, trug der Brief Grimaldis tatsächlich das Siegel der kaiserlich-chinesischen Obersten Militärbehörde. Dieser Sachverhalt wird nach Lach auch in zeitgenössischen chinesischen Quellen erwähnt.

[52] Unserem großen römischen Kaiser und dem König von Polen. Der Versuch Grimaldis, über Moskau auf dem Landweg von Rom aus China zu erreichen, fand im Jahre 1690 statt. Damals war Leopold I. (1658 – 1705) Römischer Kaiser Deutscher Nation. König von Polen war 1674 – 1696 Johann Sobieski, der 1683 an der Befreiung Wiens teilgenommen hatte.

[53] Avril, Philippe. 1654 (Angouleme) – 1698 (ertrunken bei Formosa) Franzose, Jesuit. Wurde nach China geschickt, den Landweg über Aleppo, Astrachan, Moskau nach China zu erkunden, um die Abhängigkeit von dem den Portugiesen vorbehaltenen Seeweg zu beseitigen, wurde aber in Moskau zurückgeschickt; sein 2. Versuch über Polen und Konstantinopel scheiterte ebenso: beide Male wurde ihm von Peter dem Großen die Weiterreise verboten. Auf dem 3. Versuch kam er bis nach Goa und in die Nähe von Formosa.

[54]Andreas Müller – 1630 (?) in Greiffenhagen/Pommern – 1694 Stettin. Lutherischer Theologe und Orientalist, studierte zunächst in Rostock, Greifswald und Wittenberg, ging 1658 nach Leiden, um arabische Studien zu treiben und arbeitete sodann 10 Jahre lang zusammen mit dem Professor für Arabische Sprachen Bryan Walton/Cambridge an der Herausgabe eines siebensprachigen Lexikons der orientalischen Sprachen, dessen Manuskript beim Brand von London 1666 vernichtet wurde. 1664 wurde er zum Probst von Bernau, 1667 an die Nicolaikirche in Berlin berufen. Er geriet sodann in öffentliche Kontroversen mit dem reformierten Pfarrer – der Große Kurfürst begünstigte die reformierte Kirche – Elias Grebnitz, der ihm u. a. Haeresie vorwarf und das von Müller betriebene Studium der chinesischen Sprache als Teufelswerk bezeichnete. Diese Querelen wie auch die Tatsache, daß der stets um Geld verlegene Große Kurfürst ihn finanziell nicht förderte und Versprechungen nicht einlöste, bewogen ihn, 1685 seinen Abschied zu nehmen und sich nach Stettin zurückzuziehen.

Müller war ein nach den damaligen Maßstäben ernst zu nehmender, genau arbeitender Wissenschaftler. Er war ein überaus fruchtbarer Publizist, bemühte sich aber stets, seine Quellen präzise anzugeben. 1657 gab er eine in Berlin gefundene lateinische Version von Marco Polos Reisebericht mit einer Einleitung heraus. Er verfaßte mehrere Chronologien der chinesischen Kaiser, in seiner zweiten Ausgabe an Hand der chinesischen Annalen (mit Quellenangaben), übersetzte das 1. Buch der konfuzianischen Schriften ins Lateinische, publizierte 1672 einen Bericht über die Nestorianische Stele (in Anlehnung an Kirchers China Illustrata), gab an Hand der von Witsen 1666 veröffentlichten Karte im Jahre 1680 Namen sowie Längen- und Breitengrade von 1672 chinesischen Ortschaften an (wahrscheinlich auch an Hand der Karten und Angaben von Martini), die sich auch bei heutiger Prüfung noch als ziemlich zuverlässig erweisen, und verglich 1685 die biblische Karfreitag-Sonnenfinsternis mit dem Bericht einer Sonnenfinsternis der gleichen Zeit in den chinesischen Annalen.

Er besorgte und sammelte für den Großen Kurfürsten chinesische Originalwerke, deren Zahl er in seinem ersten Katalog auf 20 Titel, nach einem späteren Katalog aber in der Zwischenzeit auf 300 erweitert hatte, womit Berlin an die Spitze derartiger Sammlungen der damaligen Zeit gelangte. Zur Druckvorbereitung ließ er größere chinesische Schriftzeichen aus Holzlettern herstellen, deren Sammlung noch heute in der Berliner Staatsbibliothek aufbewahrt wird. Das größte Aufsehen erregte er mit der Ankündigung der von Leibniz erwähnten Clavis Sinica (= Chinesischer Schlüssel, zu ergänzen: für die Erlernung der chinesischen Schriftzeichen, mit Angabe ihrer Bedeutung in lateinischer Sprache, jedoch wahrscheinlich ohne Angabe der Aussprache). Erwähnt sei, daß clavis = Schlüssel damals ein beliebtes Modewort war für alle möglichen Zusammenstellungen, so hatte z. B. Kircher einen „Schlüssel” für die Herstellung und Entzifferung von Geheimschriften, der Arzt Christoph Mentzel für seine Forschungen auf dem Gebiet der Botanik herausgegeben. In einem vier Seiten langen Vorschlag (praepositio) warb Müller 1674 um Subskribenten für die Finanzierung des Druckwerkes, auf welchen Weg ihn freundlicherweise der Große Kurfürst gewiesen hatte, aber der Erfolg blieb aus. In Stettin hat Müller noch an der Fertigstellung eines Manuskriptes gearbeitet, dieses aber vernichtet, weil er von Berlin völlig im Stich gelassen worden war und nicht einmal mehr freien Zutritt zu der von ihm geförderten Bibliothek hatte.

Die heutigen Meinungen über Müller sind geteilt. Bereits Leibniz schildert seine Bedenken. Seriosität ist Müller sicher nicht abzusprechen, seine Bemühungen müssen doch wohl als Pionierleistung gewertet werden und dürfen nicht mit heutigen Maßstäben gemessen werden.

Literatur: außer den Werken von Lach und Merkel: Lach, the Chinese studies of Andreas Müller, Journal of the American Oriental Society 60, 1940 S. 564-575.

[55] Ludolph, Hiob L. (1624-1704) war einer der größten Orientalisten seiner Zeit. Er beschäftigte sich nicht nur mit den äthiopischen und anderen Sprachen des Nahen Ostens, sondern auch mit der chinesischen Sprache, deren Verwandtschaft mit anderen asiatischen oder afrikanischen Sprachen er zu ergründen suchte. Auch die Merkwürdigkeiten Rußlands und der asiatischen Länder interessierten ihn.

[56] Großer Kurfürst Friedrich Wilhelm von Brandenburg (1640-1688). Sein Sohn Kurfürst Friedrich III. (1688-1713) proklamierte 1701 als König Friedrich I. Preußen zum Königtum.

[57] Vota, Charles Maurice 1629-1715, ehemaliger Direktor der Geographischen Akademie in Turin. Er wurde vom Papst Innozenz XI. als Gesandter nach Wien und Warschau geschickt. 1684-1689 war er Leiter der Jesuiten-Mission in Moskau, die bald nach der Thronbesteigung von Peter dem Großen geschlossen wurde.

[58] Adam Adamandus Kochanski (1631 – 1700). Er war Hofmathematiker des Königs von Polen Johann Sobieski, mit Leibniz korrespondierte er 1670-1698.

[59] Der Vertrag, auf den Leibniz hier anspielt, ist wahrscheinlich kein Handelsabkommen (wie man aus Leibniz` Worten vielleicht entnehmen könnte – ein solches konnte zu dieser Zeit nicht ermittelt werden -), sondern eher ein Verteidigungsbündnis gegen die Türken, deren letzter expansiver Stoß 1683 nach seinem Mißlingen eine große Gegenoffensive vor allem des habsburgischen Österreich und Polens bewirkt hatte. Bereits 1686 trat Rußland der antitürkischen Liga, welche sich aus dem deutschen Kaiser, dem Königreich Polen und der Republik Venedig zusammensetzte, bei. Noch kurz bevor Peter der Große dann zu seiner umfassenden Europareise aufbrach, schlossen die russischen Diplomaten in Wien am 8. Februar 1697 mit dem Kaiser und Venedig ein neues Defensiv- und Offensivbündnis ab (vgl. G. Stökl, Russische Geschichte, Stuttgart 1973, S. 346). Zu dieser Zeit war der Kampf Österreichs gegen die Türken in vollem Gange: im Herbst 1697 sollte es zum Sieg über die Türken bei Zenta kommen, der fast ganz Ungarn von der Türkenherrschaft befreite. Wenn Leibniz also diesen Vertrag vom Februar 1697 mit seinem „neulich” meint, so gibt er hier aktuellste politische Entwicklungen wieder (die Novissima Sinica wurde nur wenig später veröffentlicht) und spricht gleichzeitig seine (dann allerdings enttäuschte) Hoffnung aus, daß aus einer zunächst nur militärischen auch eine wirtschaftliche und kulturelle Zusammenarbeit mit Rußland werden könne.

[60] Menegatti, Francesco (1631 – 1700) Professor der Theologie und Philosophie an der Universität Wien. Leibniz bemühte sich 1688/89 bei seinem Besuch in Wien auch um Menegatti, der bald darauf Beichtvater des Kaisers Leopold wurde.

[61] Justinian und die Seidenraupen: Wie im Falle der „Seidenleute” selbst, so stammen auch bei der chinesischen Seide die ersten wirklich sicheren antiken Erwähnungen erst aus der Zeit des Augustus (die bei Aristoteles im Buch 5 der Historia animalium – Kap. 19, 551 b9 – angesprochenen Seidenspinner sind nur eine mittelmeerische und nicht die echte chinesische Art): Das vielleicht älteste Zeugnis sind die „serici pulvilli” (seidene Kissen) in der 8. Epode (V. 15f.) des Dichters Horaz. Dieses Zeugnis besagt natürlich nicht, daß Seide den Griechen und Römern nicht auch schon etwas früher bekannt war: Das parthische Heer, das 53 v. Chr. bei Carrhae in Syrien die römische Armee des Crassus vernichtete, führte laut dem Geschichtsschreiber Florus (1, 46,8) Feldzeichen mit seidenen Bannern („vexilla serica”), und schon Julius Caesar soll laut Cassius Dio (43, 24,2) das römische Zirkuspublikum mit seidenen Stoffbahnen vor der Sonne geschützt haben. Seide galt als ausgesprochen teurer, aber auch weibischer Luxus – so verbot der römische Senat unter Kaiser Tiberius 16 n.d.Z. das Tragen von Seide für die Männer (Tacitus, Annalen 2,33; Cassius Dio 57, 15,1). Wenn auch später Kaiser sich wieder zunehmend in Seide kleideten, blieb sie doch im wesentlichen reichen Damen – auch solchen von zweifelhafterem Gewerbe – vorbehalten; der römische Dichter Lucan erwähnt etwa Seidenkleidung bei der letzten Ptolemäerkönigin Kleopatra (10, 141 ff.).

Dabei war lange Zeit im Westen recht unklar, wie die Seide überhaupt gewonnen wurde: der römische Dichter Vergil (Georgica 2, 121) und der griechische Geograph Strabon (15, 1,20 p. 693) – beide zur Zeit des Augustus – vertreten die Auffassung, daß das Seidengespinst in Fäden an Bäumen hänge und von den Serern „heruntergekämmt” werde. Wesentlich richtiger sind dagegen schon die Angaben des griechischen „Reiseführers” Pausanias aus dem 2. Jhd. n.d.Z., der bereits von einer regelrechten Seidenraupenzucht bei den Serern berichtet (6,26,6 – 8): „... Die Fäden, von denen die Serer ihre Kleider machen, stammen von keiner pflanzlichen Faser, sondern entstehen auf andere, und zwar folgende, Weise: Es gibt in diesem Land ein kleines Tier, das die Griechen ,ser’ nennen, von den Serern selbst aber wird es irgendwie anders und nicht ,ser’ genannt. Seine Größe beträgt etwa das Doppelte der größten Mistkäferart, in sonstiger Hinsicht aber gleicht es den Spinnen, die unter den Bäumen ihre Gewebe spinnen, und so hat es auch ebenso wie die Spinnen acht Füße. Diese Tiere halten die Serer, indem sie ihnen für Winter und Sommer die geeigneten Häuser bauen. Was die Tiere produzieren, findet sich als feiner Faden um ihre Füße gewickelt. Sie ernähren sie vier Jahre lang und geben ihnen als Futter Hirse.

Im fünften Jahr aber – denn sie wissen, daß sie nicht länger leben werden – geben sie ihnen grünes Schilfrohr zu fressen, das aber ist die süßeste Nahrung von allen für das Tier, es überfrißt sich an dem Rohr und platzt infolge Überfütterung, und nachdem es so verendet ist, finden sie in ihm den den größten Teil des Seidengarns.” Pausanias` Informationen – die Richtiges noch mit viel Falschem vermengen – stammen möglicherweise von der römischen Gesandtschaft des Kaisers Marc Aurel (regierte 161-180 n.d.Z.), die über den Seeweg in den Fernen Osten fuhr und im Oktober 166 n.d.Z. den chinesischen Kaiserhof erreichte (vgl. J. G. Frazer, Pausanias` Description of Greece, Vol. 4, New York 1965, S. 110ff.).

Obwohl man also allmählich bessere Kunde von der Herstellung der Seide bekam, sollte es noch einige Jahrhunderte dauern, bis man nicht mehr nur auf den reinen Import der chinesischen Fertigprodukte angewiesen war: der byzantinische Historiker Prokop von Caesarea (6. Jhd. n.d.Z.) berichtet über den Schmuggel der ersten Seidenraupeneier von China in den Westen zur Zeit des byzantinischen Kaisers Justinian (regierte 527 – 565): „In dieser Zeit (= nach Prokops Erzählfolge etwa 552/53) kamen einige der Mönche aus Indien zurück. Nachdem sie erfahren hatten, daß Kaiser Justinian daran gelegen sei, daß die Römer (= Byzantiner) keine Rohseide mehr von den Persern kauften, gingen sie zum Kaiser und erklärten sich bereit, das mit der Seide so ins Werk zu setzen, daß die Römer nicht mehr von den mit ihnen verfeindeten Persern oder irgendeinem anderen Volk diesen Handel zu tätigen brauchten. Sie hätten nämlich lange Zeit in einem Land weit jenseits der Völker Indiens verbracht, welches Serinda genannt werde, und dort hätten sie genau erfahren, auf welche Weise die Seidenerzeugung im Land der Römer möglich sei. Als der Kaiser da sehr beharrlich nachfragte und wissen wollte, ob die Auskunft zutreffend sei, sagten die Mönche, eine Art Würmer seien die Hersteller der Rohseide, wobei die Natur ihnen Lehrer sei und sie veranlasse, beständig zu arbeiten. Es sei freilich unmöglich, die Würmer lebend hierher zu bringen, bei ihrer Nachkommenschaft aber sei es wohl machbar und sehr leicht: die Nachkommenschaft seien unzählige Eier von jedem Tier. Diese Eier nun ließen Menschen noch lange Zeit nach ihrer Ablage zu Lebewesen werden, wenn sie sie in Dung gesteckt und auf diese Weise eine ausreichende Zeit angewärmt hätten. Als die Männer dies gesagt hatten, erklärte sich der Kaiser bereit, sie großzügig zu beschenken, und überredete sie dazu, ihr Wort durch die Tat zu bekräftigen. Sie aber zogen wieder nach Serinda, brachten die Eier nach Byzanz, bewerkstelligten es in der genannten Weise, daß die Eier sich in Würmer verwandelten, und ernährten sie mit den Blättern des Maulbeerbaumes; und sie brachten es zuwege, daß von da ab künftig im Land der Römer Seide erzeugt wurde.” (Prokop, De bello Gothico 4, 17,1 – 8)

[62] Kosmas Indikopleustes: Wahrscheinlich aus Alexandria in Ägypten stammender Kaufmann zur Zeit Kaiser Justinians, unternahm Kosmas weite Reisen nach Arabien, Ostafrika und vielleicht bis zur Insel Ceylon, was ihm dann seinen Beinamen Indikopleustes („der Indienfahrer”) eingetragen hätte. Kosmas gab in der Folge aber sein Kaufmannsleben auf und wurde Mönch, wahrscheinlich in einem der Klöster des Berges Sinai, wo er dann wohl auch seine „Topographia Christiana” („Christliche Ortskunde”) gegen Mitte des 6. Jhd. n.d.Z. verfaßte. Die immer wieder betonte Haupttendenz dieses Werkes mutet seltsam anachronistisch an: Kosmas lehnt die zu seiner Zeit schon Jahrhunderte alte und recht fortschrittliche Lehre des Claudius Ptolemaeus von der Kugelgestalt der Erde ab und setzt dem ein Weltbild gegenüber, das mit der Bibel in Einklang stehen sollte: die Erde als länglich-rechteckige Scheibe mit steil aufragenden Seitenwänden, die sich dann über ihr zum Himmel wölben. Dieser durch die Religion geprägten falschen Grundauffassung stehen auf der anderen Seite aber äußerst wertvolle geographische Exkurse gegenüber, zu denen auch Kosmas` bemerkenswerte Kapitel über China gehören:

 

2,45 – 47 (Das Land, aus dem die Seide stammt,

und seine Entfernung vom Westen)

 (45) „Dieses Land der Seide befindet sich in dem von allen am innersten (= östlichsten) gelegenen Teil Indiens, wenn man in den Indischen Ozean einfährt, auf der linken Seite, und zwar viel weiter jenseits als der Persische Golf und die Insel, die bei den Indern Selediba, bei den Griechen aber Taprobane genannt wird (Ceylon). Das Land heißt Tzinistu und wird ebenso auf seiner linken Seite (= im Osten oder Nordosten) vom Okeanos umspült, wie auch die Barbaria (Nordafrika?) auf der rechten Seite (= Westen) von ihm umgeben ist. Und die indischen Philosophen, die sogenannten Brahmanen, behaupten, wenn man von Tzinista eine Schnur spannt, so daß sie durch Persien hindurchgeht bis zur Romania (= byzantinisches Reich), daß dies wie von einem Richtstab her die Mittelachse der Welt ist, und vielleicht sagen sie die Wahrheit.

(46) Das Land liegt in der Tat sehr weit zur Linken (= im Nordosten), so daß Seidentransporte – durch die Übermittlung durch andere Völker – in kurzer Zeit von dort über Land nach Persien gelangen, auf dem Seeweg jedoch ist es sehr große Distanzen von Persien entfernt. Eine so große Distanz nämlich, wie der Persische Golf überbrückt, wenn er in Persien eintritt – eine solch große Entfernung nochmals von Taprobane (= Ceylon) aus und noch mehr zur Linken hin (= nach Nordosten) muß man zurücklegen, wenn man nach Tzinista selbst fährt, nachdem man auch wiederum beträchtliche Entfernungen von Anfang an vom Persischen Golf her hat, nämlich den ganzen Indischen Ozean bis Taprobane und darüber hinaus. Derjenige, der über Land von Tzinista nach Persien reist, kürzt also große Strecken ab; von daher findet man auch immer eine Menge Seide in Persien. Jenseits von Tzinista gibt es aber weder Schiffahrt noch bewohntes Gebiet.

(47) Wenn jemand nun von Tzinista aus wie an einer Schnur entlang direkt zum Sonnenuntergang hin die Distanzen der Größe der Erde mißt, wird er feststellen, daß sie mehr oder weniger 400 Tagesreisen zu je 30 römischen Meilen (= etwa 1,5 km) betragen. Man muß dabei folgendermaßen messen: von Tzinista bis zum Anfang von Persien machen das gesamte Hunnenland, Indien und das Land der Baktrer ungefähr 150 Tagesreisen aus, wenn nicht mehr, jedenfalls nicht weniger; das gesamte Land der Perser 80 Tagesreisen; und von Nisibis nach Seleukeia 13 Tagesreisen ... von dort bis nach Gades in Spanien nochmals 150 Tagesreisen ...”

11,15 (Ceylon als Umschlagplatz für den Handel aus West und Ost): „Aus ganz Indien, Persien und Äthiopien empfängt die Insel aufgrund ihrer Mittellage viele Schiffe und sendet gleichfalls auch viele aus, und von den weiter innen (d. h. östlich) gelegenen Ländern (d. h. Tzinista) und anderen Handelsplätzen empfängt sie Seide, Aloe, Gewürznelken, Sandelholz und überhaupt alles, was im Lande sich findet und gibt es an die äußeren (d. h. westlichen) Länder weiter.

11,16 (Die Lage von Tzinista am äußeren Rand von Asien):... und schließlich noch Tzinista, das die Seide sendet; im Vergleich zu ihm gibt es kein Land, das weiter innen liegt, denn im Osten umspült es der Okeanos.”

 Bemerkenswert an Kosmas` Angaben ist vielleicht vor allem sein Vergleich des See- und des Landweges nach China. Ähnliche Überlegungen sollten über 1100 Jahre später Leibniz und die Jesuiten dazu veranlassen, immer wieder nach der Möglichkeit eines Landweges durch Rußland nach China zu suchen. Da Kosmas das Seidenland im Fernen Osten mit „Tzinista” bezeichnet, stimmt Leibniz` Angabe über „Tzin” nicht ganz – er hebt aber zu Recht hervor, daß Kosmas mit „Tzinista” (wahrscheinlich von Indien her stammend: „Cinisthana”) schon weit auf dem richtigen Wege war. (Vgl. Novissima Sinica-Vorrede, Kap. 17, 19, 20)

 Editionen und Literatur:

– E.O. Winstedt, The Christian Topography of Cosmas Indicopleustes, ed. with geographical notes, Cambridge 1909

– W. Wolska-Conus (ed.), Cosmas, Indicopleustes, Topographie Chretienne (griech.-franz.), Paris 1698 – 1973, 3 Bde.

– Engl. Übersetzung: J. W. McCrindle (with notes and introduction), London 1897

– vgl. außerdem die Artikel „Kosmas Indikopleustes” in RE 11,2 (1922), Sp. 1487ff. und im Kl. Pauly Bd. 3, München 1969, Sp. 315f.

[63] Adulis. Stadt an der Westküste des Roten Meeres im heutigen Eritrea, 56 km südlich der Stadt Massaua in einer engen, geschützten Bucht des Roten Meers gegenüber dem in die Zula-Bucht mündenden Haba-Fluß gelegen, war unter den Ptolemäer-Herrschern Ptolemaios II. (285 – 246 v.d.Z.) und III. (246 – 21 v.d.Z.) Versorgungsstation für Elefantenjagden, später auch bedeutender Handelsumschlagplatz für afrikanische und indische Waren; zuerst erwähnt im Periplus maris Erythreae (der sowohl Adulis selbst wie seine Handelsbeziehungen in allen Einzelheiten beschreibt und hierbei auch China erwähnt); Ausgrabungen unter Lord Napier 1868. Seit dem Aufstieg des axumitischen Königreiches in diesem Raum im 1. und 2. Jhd. n.d.Z. war Adulis der Haupthafen dieses Reiches. Die von Kosmas dort gefundene und in seine „Topographia Christiana” aufgenommene Inschrift (2,54 – 57 Beschreibung von Thron und Stele, auf denen sich die Inschriften befanden; 2,58 – 63 der in schriftliche Text) sind in Wahrheit zwei, wobei der ersten das Ende und der zweiten der Anfang fehlt: es handelt sich einmal um eine Inschrift des Ptolemäerkönigs Ptolemaios III. Euergetes von etwa 245 v.d.Z., in der dessen Siegeszug durch die Länder Asiens dargestellt wird (publiziert als Nr. 54 in der Inschriftensammlung von W. Dittenberger, Orientis Graeci Inscriptiones Selectae = OGIS, Bd. 1, Leipzig 1903, S. 84 – 88), zum anderen um die Siegesinschrift eines axumitischen Königs, dessen Identität und Datierung bis heute umstritten sind (publiziert als OGIS Nr. 99, Bd. 1, S. 284 – 96). Im 17. Jhd. hat man sich gleich mehrfach wissenschaftlich mit den Inschriften von Adulis beschäftigt. Leider konnten wir Holstenius` Edition, die Leibniz hier nennt, nicht verifizieren (ist Leibniz vielleicht einer Verwechslung mit Allatius erlegen?), aber daneben sind noch mindestens zwei andere Arbeiten aus dieser Zeit zu nennen: die Edition durch Leo Allatius (Ptolemaei Euergetae ... monumentum Adulitanum, Rom 1631) und die Behandlung in M. Thevenot, Relations de divers voyages curieux, Paris 1666. Leibniz konnte also durchaus mit einigen Kenntnissen über die Adulis-Texte in seinem gelehrten Leserkreis rechnen; vielleicht hat er gerade deswegen die mehr beiläufige Bemerkung über die „Inscriptio Adulitana” als zusätzliche Illustration zu Kosmas überhaupt eingefügt.

Ausgaben des Periplus:

– C. Müller Geographici Graeci minores 1855 – 61 I, S. 257 – 305

– W. H. Schaff translated and edited New York 1912

- H. Frisk, Le periple de la mer Erythree, 1927

– F. Gisinger, Art. „Periplus”, R.E. 19,1 (1973), Sp. 839ff.

[64] Nestorianische Stele. S. die Übersetzung und Erläuterung S. 127ff.

[65] Athanasius Kircher – 1602 (Geisa bei Fulda) – 1680 (Rom). Seit 1692 war er Professor für Mathematik, Philosophie und Orientalische Sprachen in Würzburg. 1634 wurde er über Avignon nach Rom berufen. Dort lehrte er im Collegium Romanum Mathematik, Hebräisch und Syrisch. Aus der Bibliothek des Klosters San Salvatore auf Malta gab er eine Handschrift mit Pindars erster pythischer Ode heraus, die vermutlich die älteste durch eine Notenschrift bezeugte unterlegte Melodie enthält. Er legte naturwissenschaftliche Sammlungen an, beschäftigte sich mit der Laterna Magica, erfand eine Rechenmaschine, eine Maschine zur Erzeugung und Entschlüsselung von Geheimschriften, eine durch Hebel zu betätigende in einem Holzkästchen befindliche Musik-Kompositionsmechanik. Die beiden letzeren wurden jüngst in der Bibliotheks-Ausstellung des Herzogs Ernst August im Schloß Wolfenbüttel gezeigt, mit dem er wie auch mit Päpsten, Fürsten und Gelehrten seiner Zeit in einem laufenden umfangreichen Briefwechsel stand.

Berühmt ist seine China Illustrata, aus der Leibniz seine Kenntnisse über China, insbesondere über die Nestorianische Stele aus Xi’an, bezogen hat, deren Inschrift Kircher, wie Trigault berichtet, in Urschrift und lateinischer Übersetzung wiedergegeben hat. In dem gleichen Buch hat Kircher versucht, die ägyptischen Hieroglyphen zu entziffern, mit unzulänglichen Mitteln und daher negativem Erfolg. Wir haben seinem Buch den Holzschnitt von Degener zu Adam Schall entnommen (s. die Abbildung S. 49).

Eine Gesamtausgabe der Werke Kirchers gibt es unserer Feststellung nach nicht. Sein umfangreicher Briefwechsel, der einen großartigen Einblick in die Geistesgeschichte des 17. Jahrhunderts gewähren würde, ist bis heute nicht ediert. Wir haben auch keine modernere Biographie feststellen können. Herausgegeben wurde von A. Langenmantel, 1901, seine 1684 in Augsburg erschienene Selbstbiographie. Verzeichnis seiner Schriften bei Sommervogel, Bibliotheque de la Compagnie de Jesus, Brüssel, Band 4 und 9, 1890 und 1900. (Die im Brockhaus-Artikel Kircher erwähnte „Internationale Forschungsgesellschaft Athanasius Kircher” hat dem Vernehmen nach bisher keine praktische Tätigkeit entfaltet.)

[66] Thevenot, Melchisedech 1620 – 1692, sammelte zahlreiche Manuskripte (Handschriften) und veröffentlichte sie in zwei Bänden und vier Teilen in „Relations de divers voyages curieux”, paris 1663 – 1672. Sie wurden 1696 neu gedruckt, aber die 5. Sektion war bis dahin noch nicht veröffentlicht. Trotzdem scheint Leibniz auf die 5. Sektion Bezug zu nehmen.

[67] d`Herbelot de Molainville, Barthelemy 1625 – 1685, war ein eifriger Student der orientalischen Sprachen, er arbeitete in den Sammlungen von Paris und Florenz. Seine Bibliotheque orientale Paris 1697 enthält Bezugnahmen auf das Alter des Christentums in China, aus Quellen des Vorderen Orients herausgezogen, unter den Überschriften „Kerit” und „Nesturios”; 1708 gab Pater V. Visdelou einen Ergänzungsband der Bibliotheque orientale heraus, der sich mit dem Fernen Osten beschäftigte.

[68] Magliabecchi, Antonio (1633 – 1714). Er war Kustos und Organisator der Palatinischen Bibliothek in Florenz, die später in National-Bibliothek umbenannt wurde.

[69] Christian Mentzel 1622 (Fürstenwalde) – 1701 (Berlin), Leibarzt des Großen Kurfürsten. Betrieb systematische botanische und medizinische Studien, wobei er sich Informationen durch ausgedehnten Briefwechsel mit den Gelehrten seiner Zeit besorgte. Studierte Medizin und Naturwissenschaften in Frankfurt/Oder und Königsberg; Reisen durch Polen, Holland, Italien, Malta; promovierte in Padua 1654. Schrieb u. a. Catalogus plantarum circa Gedanum sponte nascentium und lexicon plantarum polyglottum universale. Der Große Kurfürst veranlaßte ihn, als Nachfolger von Andreas Müller dessen chinesische Studien fortzusetzen. Mit Hilfe von Couplet ließ er 1685 ein Bild des Großen Kurfürsten mit chinesischer Umschrift herstellen, das als Geschenk für den Kaiser K’ang-hsi gedacht war, diesen aber wahrscheinlich niemals erreicht hat. Literatur: Walter Arrelt, Christian Mentzel, Leibarzt des Großen Kurfürsten, Botaniker und Sinologe, Leipzig 1940; Eva S. Kraft, Frühe chinesische Studien in Berlin, Medizinhistorisches Journal 11 (1976), S. 92 – 125.

[70] do Amaral, Miguel = Ya Ma-la Eul und Kin Miko 1657 (Mangualdo/Portugal) – 1730 (Coimbra) Portugiese, Jesuit, war zweimal in China, 1685 Macao, dann Tsinan (1691), Shantung (1692), Chengtu, Hopei 1683 und Fukien 1694. Wurde sodann nach Europa geschickt, um die portugiesischen Priester im Ritenstreit in Rom zu verteidigen, kehrte 1714 nach Goa zurück, war 1711 noch einmal in Fukien, kehrte 1714 nach Goa und 1722 nach Lissabon zurück. Er war später ein großer berühmter Prediger in Portugal, wobei er in seine Predigten seine Erfahrungen in China einflechten konnte. 15 Briefe sind von ihm erhalten, die sich mit dem Ritenstreit beschäftigen.

[71] Cochenheim, Ernst, war 1694-1699 Ratgeber des Fürst-Bischofs von Münster, Friedrich Christian von Plettenberg. Seine Relationes Cochenheim werden in dem Staatsarchiv von Münster aufbewahrt. Lach zitiert: Friedrich Scharlach, Fürstbischof Friedrich Christian von Plettenberg und die münsterische Politik im Koalitionskriege 1688 – 1697, Westfälische Zeitschrift XCII (1937), 105.